Das „urbane Gärtnern“ ist ganz kurz erklärt eine innovative Art der Landwirtschaft, die Hand in Hand geht mit Gärten- und Städteplanung. City-Farmer-Flächen müssen nicht riesige Areale beanspruchen, denn die gibt es in der Innenstadt nicht. Die Stärke des City-Farmer-Konzepts ist es, für jeden individuellen Ort eine angepasste Lösung zu ermöglichen und damit eine eigene Erzählung als Natur-Raum über die Jahreszeiten hinweg erlebbar zu gestalten, insbesondere an Orten, an denen man es eigentlich gar nicht für möglich halten würde, dass dort überhaupt etwas wachsen und überleben könnte. Ob an schattigen kühlen Nordseiten von Gebäuden, den glühend heißen Südfassaden, im sumpfigen Wasser der Schwammstadt-Gebiete oder auf windgepeitschten trockenen Dachflächen – City Farming ist überall möglich. Und essbar. Denn natürlich soll man die Früchte der Arbeit als City Farmer auch genießen können. Ganz viel leckere Natur im Herzen der Stadt.
City Farming hat aber gleichzeitig auch die Funktion eines Experimentierraums: Es geht darum, auszutesten, welche Pflanzenarten es schaffen, mit entsprechend speziellen und schwierigen Bedingungen zu überleben und welche Früchte man ernten und naschen kann. Wie viel Resilienz steckt in diesen Pflanzen und in welchem Maße erhöhen sie die Biodiversität ihrer Umgebung? Bei der Pflanzenauswahl erlebt man zunächst die Überraschung, dass manche in Vergessenheit geratene heimische Wildpflanzen sich als echte Klimagewächse erweisen. Viele können mit den sich verändernden klimatischen Bedingungen an den richtigen Standorten durchaus gut gedeihen. Ergänzt werden die heimischen Pflanzen natürlich durch Gewächse aus aller Welt, die unseren heimischen Insekten eine Lebensgrundlage bieten und dabei nicht invasiv sind

Realisierte City Farming Projekte in Hannovers City
In Hannover hat Joerma Biernath, Garten-, Landschafts- und Schwammstadtplaner, seit Jahren eine Reihe von City-Farmer-Flächen angelegt, um die Pflanzen-Resilienz mit unterschiedlichsten Wachstums- und Umgebungsfaktoren testen zu können. So stehen beispielsweise auf dem Dach des GOP Varietés heimische Kornelkirschen-Bäume als Wildobst-Plantage, ebenso im Skulpturenhof des Sprengelmuseums als Reisender Garten. Auf einer Brachfläche in der Nordstadt Hannovers wächst außerdem eine Feigen-Plantage und auf dem Dach des Astor Kinos gedeihen wunderbar widerspenstige Essigbäume. Und die Terrasse des Gartensaales am Neuen Rathaus beherbergt nicht zuletzt einen mobilen Küchen- und Aromagarten.
Was diese kleine Auswahl zeigt: Es gibt viele Orte und Flächen, wo urbanes Gärtnern möglich ist. Ob Firmen oder Wohnungsbau-Gesellschaften, Supermarktketten oder Baumärkte mit ihren Parkplätzen, öffentliche Plätze, Schulen oder private Balkone und kleine Reihenhausgärten – jede nicht versiegelt benötigte Fläche kann biodivers genutzt werden. Und wirklich jeder und jede kann City Farming betreiben. Mit ein bisschen Unterstützung und Know-how ist ganz viel möglich. Die Umsetzung braucht übrigens nicht lange. Es geht allein darum, je nach den Standortbedingungen die geeigneten Pflanzen auszuwählen und meistens kann man schon im selben Jahr ernten und naschen.
Weitere Infos zu Nachhaltigkeit in Hannover